Sie ist der Gradmesser der Kunstszene, die Tefaf in Maastricht. So klein das niederländische Städtchen auch sein mag, hier gilt nur die allerhöchste Qualität. In einer Branche in der nach ‚Art Price Report‘ Angaben derzeit 42 Milliarden Euro umgesetzt werden, hängt die Latte somit für diesen Anspruch extrem hoch. Dennoch: auf der Tefaf wird er erfüllt. Ob Gemälde, Skulpturen, Design, Schmuck, Antiken oder bibliographile Werke, jedes Exponat ist ein Meisterwerk. Die Stimmung war, wie auch in den Vorjahren, positiv und entspannt, denn auf dieser Messe wird nicht nur Besonderes gezeigt, sondern auch verkauft. Für die Altmeister bis zur Moderne gilt gleichermaßen die Formel, die für Immobilienfreunde ‚Lage, Lage, Lage‘ lautet, hier übersetzt mit ‚Die besten Künstler und von denen die besten Bilder‘. Brueghel, Cranach, Rodin, Van Gogh, Picasso, Chagall, Dali, Magritte, Beuys, Bacon, Basquiat, Warhol, Haring. Das Ganze bitte auf Leinwand oder gerne auch als Bronze. So kann man die Marke erreichen, die sonst nur auf dem Parkett der ganz großen Auktionen erzielt wird – zweistellige Millionen-Erlöse, wie es in 2016 immerhin über 80 Werken bei Sotheby’s, Christies, Phillips und Co gelang. Ein Besuch also lohnt in jedem Fall, auch wenn man für den Eintrittspreis von 100 EUR bereits bei dem einen oder anderen Museum ein Jahres-Billet inklusive lobender Erwähnung gelöst bekommt. Dafür stimmt dann aber auch die Atmosphäre. Fast jeder Stand stellt eine eindrucksvolle Inszenierung dar und die allermeisten Werke zeigen sich somit dann für den anvisierten Eigentümerwechsel von ihrer besten Seite. Eine kleine Auswahl hierzu folgt hiernach.
Daniel Richter in Charity-Auktion
In einer Charity-Auktion zugunsten kriegsbeschädigter Menschen bringt www.placetcharity.com am 13. März im Berliner Hotel de Rome diese großartige Leinwand Daniel Richters zum Aufruf. Insbesondere für ein Kleinformat, dass bei Richter nicht immer die volle Kraft entfalten kann, die wir von seinen Meisterwerken gewohnt sind, ist diese Arbeit besonders herausragend. Umso verlockender ist der attraktive Einstiegspreis.
Die Auktion unterstützt den Berliner Verein placet e.V., der sich um die medizinische und chirurgische Versorgung von Terroropfern aus den Krisengebieten dieser Welt kümmert. Neben aktuellen Arbeiten beispielsweise von Markus Lüpertz, Daniel Richter, Klaus vom Bruch, Gregor Hildebrandt oder Olafur Eliasson werden auch zahlreiche spannende junge Künstler zugunsten des guten Zwecks unter den Hammer kommen.
Lüpertz Bronze HŌRA zum ZEIT Jubiläum
»HŌRA«, 2016
Maße: 49 x 25 x 16,5 cm
Bronzeguss, handbemalt
in der Plinthe monogrammiert und nummeriert
Auflage: 45 Exemplare, zzgl. e.a.
Farbanschlag auf Anish Kapoor Skulptur
Schon wieder ein Anschlag auf ein Kunstwerk. Nach den jüngsten Farbattacken auf die Großskulptur Dirty Corner von Anish Kapoor im Garten von Versailles kann sich der Künstler mit dieser Arbeit nun neben vielen weiteren in die traurige Folge von Rembrandts ‚Nachtwache‘, Barnett Newmans ‚Who’s afraid of Red, Yellow and Blue‘, Paul McCarthys ‚Tree‘, Markus Lüpertz‘ ‚Mozart‘ oder Banksys ‚Bomb Hugger Girl‘ einreihen. Ob aus Dummheit, Kleingeistigkeit, Gier, Geltungssucht oder Radikalismus bleibt uninteressant. Bei einem Anschlag auf ein Kunstwerk bleibt der Attentäter stets der Verlierer und die Freiheit der Kunst der Sieger. Die an Bernd Klüser übermittelten Gedanken des Künstlers zum Attentat veröffentlichen wir hiernach in vollständiger Länge.
Statement von Anish Kapoor vom 19. Juni 2015
„Works of art are sometimes a focus for the larger discomforts in society. My ‚Dirty Corner‘ at Versailles has such a fate. It has been reviled in the press as the “Queen’s vagina” or the “vagina on the lawn” and has seemingly given offence to certain people of the extreme political right wing in France. In Art – What you see is not What you get. The verisimilitude of the art object fools us; „this is not a pipe“ of Rene Magritte – reminds us that a good work of art receives all interpretations but settles on none.
Alle Höhepunkte der Juni-Auktionen 2015: Hohe Preise und viel Mittelmaß
In den Juni Auktionen der deutsch-sprachigen Auktionshäuser Van Ham, Koller, Karl & Faber, Villa Grisebach, Ketterer und Lempertz ist viel mittlere Qualität zu finden. Der folgende Abriss soll einige Arbeiten in den Fokus rücken, bei denen dennoch genaueres Hinsehen lohnt. Da Lempertz bereits am 1. Juno den Auktionsreigen eröffnet hat, sind für Köln bereits 28 starke aquarellierte Kaltnadelradierungen von Günter Förg im Format 38 x 46 cm in einer kleinen 16er Auflage hervorzuheben, die unverständlicherweise nicht gelaufen sind. Hier lohnt in jedem Fall das Untergebot auf den Schätzpreis von 15 – 20 TEUR in den Nachverkauf hinein.
Ein deutlicher qualitativer Höhepunkt ist dann eine Suite von 17 wunderbaren Baselitz Farbkreide-Zeichnungen auf Velin, die in der Berliner Villa Grisebach für einen SP von 60 – 80 TEUR aufgerufen werden.
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Gerhard Richter bleibt das Maß der Kunstwelt
Deutschland bleibt Kunstweltmeister!
Mehr als ein Viertel der TOP 100 kommen aus Deutschland.
Den Olymp der Unsterblichen führen Warhol, Beuys & Polke an.
Rang / Künstler / Medium / Punkte / Galerie / Rang 2014
1 / Gerhard Richter (1932, D) / Malerei / 129600 / Goodman / 1
2 / Bruce Nauman (1941, USA) / Mixed Media / 103870 / Fischer / 2
3 / Rosemarie Trockel (1952, D) / Mixed Media / 85800 / Sprüth Magers / 3
4 / Georg Baselitz (1938, D) / Malerei / 78850 / Ropac / 4
Atelierbesuch bei Professor Markus Lüpertz
Lassen Sie uns beim Genieglauben einsteigen. Diesen beschreiben Sie als selbsterfüllende Prophezeiung. Warum beschreiben Sie den Prozess des Malens dann als aggressiven Akt? – Fehlt Ihnen hier der Glaube?
Nein, man führt Krieg gegen das eigene Unvermögen. Diesem Unvermögen stellt sich das Genie entgegen, denn es gilt, diese Schwäche zu überwinden. Man arbeitet als Künstler mit einem hohen Anspruch, und diesem Anspruch muss man genügen. Das lässt sich nicht beliebig abrufen, ist immer eine Frage von Intensität, von Atmosphäre, man muss in Stimmung kommen, um seine Leidenschaft freizusetzen. Ständig müssen technische Schwierigkeiten überwunden werden, denn plötzlich reagiert die Farbe falsch. Jene Farbe, die gestern großartig war, ist heute trotz gleichem Topf und gleichem Pinsel falsch. Um dem zu begegnen, braucht man Genie. Genie ist eine Bewegkraft, die es ermöglicht, die ganz normalen menschlichen Unzulänglichkeiten zu überwinden. Gelänge es uns, Vollendung auf einer anderen Ebene zu erreichen, dann ließe sich locker auf Genie verzichten. Aber dem ist nicht so. Also, gilt es – mittels Genie – die menschlichen Handicaps zu überwinden, um zu einer großen und einmaligen Leistung zu gelangen. Das ist der Kampf. Man kann ihn zärtlich führen, auch vernünftig, man kann ihn konzentriert führen oder zornig. Da ich von Hause aus ein zorniger Mensch bin, werde ich alle Schwierigkeiten, die ich im Leben habe, versuchen mit Gewalt, mit Zorn, mit Zugriff zu lösen und das ist meine Eigenheit.