In den Juni Auktionen der deutsch-sprachigen Auktionshäuser Van Ham, Koller, Karl & Faber, Villa Grisebach, Ketterer und Lempertz ist viel mittlere Qualität zu finden. Der folgende Abriss soll einige Arbeiten in den Fokus rücken, bei denen dennoch genaueres Hinsehen lohnt. Da Lempertz bereits am 1. Juno den Auktionsreigen eröffnet hat, sind für Köln bereits 28 starke aquarellierte Kaltnadelradierungen von Günter Förg im Format 38 x 46 cm in einer kleinen 16er Auflage hervorzuheben, die unverständlicherweise nicht gelaufen sind. Hier lohnt in jedem Fall das Untergebot auf den Schätzpreis von 15 – 20 TEUR in den Nachverkauf hinein.
Ein deutlicher qualitativer Höhepunkt ist dann eine Suite von 17 wunderbaren Baselitz Farbkreide-Zeichnungen auf Velin, die in der Berliner Villa Grisebach für einen SP von 60 – 80 TEUR aufgerufen werden.
Ebenfalls in der Hauptstadt läuft ein wundervoller großformatiger, schwarz-weißer Penck (200 x 250 cm) auf Leinwand, der mit 70 – 90 TEUR zwar nicht günstig taxiert ist, aber sicherlich wie alle guten Penck-Arbeiten Potential hat. In der Flut der schlechten bis mäßigen Lüpertz Angebote sticht neben einer passablen Leinwand ‚Serenade’ bei Van Ham, die mit 15 – 20’ TEUR an den Start geht, eine großartige dithyrambische Gouache (Deutsches Motiv) von 1972/73 im Format 60 x 80 cm hervor. Sicherlich wird diese nicht unbemerkt bleiben und für Grisebach spielend die anderen gefühlten 40 Werke durch alle Häuser des Malerfürsten beim Hammerpreis abhängen.
Nachdem bei Lempertz die kleine (30 x 40 cm) – zugegebenermaßen sehr schöne und typische – Richter Leinwand am vergangenen Sonntag bereits den recht ambitioniert wirkenden SP von 200 – 250 TEUR auf 421 TEUR verdoppeln konnte, scheint Karl & Faber mit dem außerordentlich seltenen handübermalten Schallplatten-Multiple Tri-Star von Isa Genzken und Gerhard Richter aus 1981 für SP 15 – 18 TEUR nach unten hin genauso daneben zu liegen, wie nach oben bei der Mönchengladbacher Katalogkassette mit 9000 EUR.
Ein weiteres Mal ging es bei den Münchnern mit dem Schätzpreis zu den Arbeiten Al Dente von Isa Genzken daneben. Auch für diese schönen, unikatären Arbeiten aus 2003 wird die Reise deutlich über die veranschlagten 2500 EUR hinaus gehen. Dennoch lohnt es hierbei auf jeden Fall dran zu bleiben, denn bis zu dem Weltempfänger der Bad Oldesloerin, der in Köln seinen Hammerpreis mit 32 TEUR auf das fünffache der Schätzung brachte, ist ja noch viel Luft.
Der schönste Knoebel der Saison folgt dann wieder bei Grisebach. ‚Alle Vier’ aus 1998 ist eine Acryl-Aluminium-Arbeit, die Imi-Fans glücklich macht! Für einen Quadratmeter Fläche ist nach der Wolfsburger Super-Show hier eine Verdopplung der oberen Taxe als Zuschlag sicherlich noch eine potentiell konservative Vermutung. In der aktuellen Kunst hat Ketterer drei Werke von Rinus van der Velde im Angebot. Hier sind die Preise attraktiv, leider stimmt jedoch die Qualität nicht mit dem überein, was man sonst von dem Belgier gewohnt ist. Für Freunde der Fotografie gibt es dafür eine wunderbare großformatige Arbeit von Martin Klimas für 8 – 10 TEUR Schätzpreis. Ein Werk, das sich wunderbar mit einem Blumen-Stilleben von Michael Wesely kombinieren lässt.
Fans der Klassiker kommen mit der äußerst selten zusammenhängend angebotenen Mappe von 24 Graphiken der Hochschule St. Gallen von 1963-1967 auf ihre Kosten. Enthalten sind prominente Werke u.a. von Giacometti, Miró, Calder, Braque, Arp und Francis. Los geht es hier bei umgerechnet 19 TEUR. Ebenfalls zu den Klassikern zählt Man Rays Nagelbügeleisen ‚Cadeau’. Trotz der extrem hohen Auflage zählt es zu den Kult-Multiples und ist bei Karl & Faber mit 500 EUR zum Schnäppchen-Preis angesetzt. (Zustand klären) Ebenso mit 900 EUR SP nicht zu teuer ist eine kleine Dampfbügeleisen-Zeichnung von Konrad Klapheck mit lyrischem Beiwerk.
Doch nochmals zurück in die Schweiz zum Auktionshaus Koller. Hier gibt es zwei der wundervollsten Großgraphiken von Richard Serra in seinen extrem aufwendigen Druckverfahren. Ohnehin weiterhin unterbewertet sind diese spektakulären Kleinauflagen von 32 und 38 Exemplaren des Weltstars mit unteren Taxen von 4 und 8 Tausend Franken hier zum Sensations-Preis angeboten. Zudem darf man erwarten, dass bei den Eidgenossen die Konkurrenz überschaubar bleibt.
Das deutsche Informel ist mit einer schönen Leinwand-Arbeit bei Ketterer von Fred Thieler aus 1969 für 10 – 15 TEUR im Großformat (200 x 120 cm) sowie einer wunderbaren K. O. Götz Rakelarbeit aus 1954 vertreten.
Noch richtig günstig geht es bei dem konsequent zu niedrig bewerteten Georg Karl Pfahler zu. Van Ham bietet eine sehr harmonische frühe Komposition aus 1962 in 50 x 65 cm für nur 2 – 3 TEUR SP an.
Von Götz aus eine Generation weiter lohnt dann wieder der Blick nach Berlin. Eine der wichtigen Werkzeichnungen aus 1968/72 seines Schülers Franz Erhard Walther bietet Villa Grisebach an und ist mit 1800 – 2400 EUR leider viel zu günstig. Potentielle Bieter sollten sich hier nicht zu früh freuen und sich lieber auf 5 – 7 TEUR einstellen.
Hier darf man aber in der First Floor Auction auch keinesfalls das museale Kissen von Gotthard Graubner sowie die zwei großformatigen Aquarelle vergessen. (40 – 60 TEUR sowie 12 – 15 TEUR).
Aber auch die Bodenskulptur von Ulrich Rückriem, über dessen Spätwerk der aktuellen Punktzeichnungen derzeit die Kunstwelt streitet, ist es für 10 – 15 TEUR wert als Sammlungs-Ankauf erwogen zu werden.
Nicht nachvollziehbar ist hingegen, dass in Köln eine zentrale Arbeit des Frühwerks von Joseph Beuys liegen geblieben ist. Auch wenn die Taxe von 28 – 32 TEUR für die nur 15 cm messende Bronzeplakette ‚Taube unter Brücke’ erst einmal recht hoch erscheint, ist dies doch gemessen an den bereits deutlich im Preis angezogenen und wesentlich häufiger im Markt befindlichen Zeichnungen dieser Zeit ein regelrechtes Schnäppchen. Dieses Werk ist von 1956/1960 und es sind lediglich drei weitere Abgüsse sowie ein Gipsmodell davon bekannt. Dieses Stück ist absolut museal und eine vergleichbare Gelegenheit ein Werk dieser Bedeutung im Nachverkauf oder überhaupt auf dem Kunstmarkt erwerben zu können, bietet sich sicherlich nur sehr selten!
Bei Van Ham kommt dann noch eines der beliebtesten Multiples des Klever Schamanen unter den Hammer. Egal wem Auktionator Markus Eisenbeis am 3. Juni für das Samurai-Schwert von 1983 den Zuschlag erteilt. Ihm ist für die I/X dieses extrem aufgeladenen Multiples schon jetzt zu gratulieren, selbst wenn die 30 TEUR-Marke zuvor überschritten werden sollte.
Filz muss aber nicht immer teuer sein. Auf dem Third Floor bei Grisebach gibt es unter der Losnummer 1356 noch die selten vollständig erhaltene Documenta-Tüte aus der Vorzugsauflage mit einliegendem Objekt. Die Schätzung um 1000 EUR ist hier sehr konservativ und ein Ankauf bis 3000 EUR bereits aus heutiger Sicht nicht zu ambitioniert.
Restauratorisch noch komplizierter geht natürlich immer. Wo und mit wem? Am besten bei Koller mit Dieter Roth! Die Kleine Insel von 1968 (!) ist eine wunderbare ‚Akkumulation aus verschiedenen Lebensmitteln’ im Plexiglasrahmen. Ein spannendes Stück, dessen Authentizität vom Leiter der Roth-Stiftung, Dr. Dirk Dobke, mündlich bestätigt wurde und dessen Ankauf für 6 – 8’ Schweizer Franken lohnte.
Spannend wird es auch noch einmal bei Herbert Zangs, der gerade in großen Preissprüngen nach oben jagt. Bei Lempertz hatte man davon noch nichts gehört und schätzte eines der seltenen Drahtgeflechte auf 80 x 50 cm von 1975 mit 5 – 7 TEUR. Dieses erzielte dann auch prompt 12,4 TEUR und verdoppelte somit seine Taxe. Eine korrespondierende Drahtarbeit aus der gleichen Zeit wird bei Grisebach ebenso noch mit konservativen 5 – 7 TEUR angesetzt und auch Ketterer ist mit einer kompositorisch ausgewogenen quadratischen Plus-Minus Arbeit mit 6 – 8 TEUR nicht dichter am Puls der Sammler.
Zu ZERO kann man grundsätzlich anmerken, dass die Preise bereits völlig überhitzt sind, was bei dem aktuellen Ausstellungs- und Rezensionsmarathon allerdings auch wenig verwunderlich ist. Gut für diejenigen, die noch mittelmäßige Piene Feuer-Gouachen im Graphiken-Schrank haben. Nach Qualität wird hierbei schon länger nicht mehr gefragt und 25 TEUR sind dafür immer drin. Kommt dann mal ein echtes Prachtexemplar wie die Losnummer 444 bei Ketterer unter den Hammer, stört es auch keinen mehr, dass die Arbeit für die ZERO-Zeit 10 Jahre zu spät entstand. Die obere Taxe von 30 TEUR dürfte wohl dennoch überschritten werden. Für Uecker ersetzen Sie Feuer durch Nägel und die Aussage hat Bestand.
Einzig Heinz Mack bietet mit seinen zwar auch bereits deutlich angezogenen Preisen auch in dieser Runde noch die eine oder andere gute Chance. Vielleicht jedoch tatsächlich die Letzte. Hervorzuheben ist hier eine Arbeit mit silberner Sprühfarbe auf schwarzem Tonpapier aus 1968 mit der exzellenten Provenienz der Galerie Geiger aus Konstanz. Das Werk ist bestechend und von Karl & Faber für SP 15 – 20 TEUR sicherlich kein Schnäppchen, aber dennoch ein verlockendes Angebot.
Als eine Seltenheit ist eine Kleinskulptur von Anselm Kiefer bei Philipps einzuordnen. Diese ist jedoch mit 21 – 27 TEUR weder günstig bewertet, noch kann sie die für Kiefer so typische Kraft entfalten und wirkt auch skulptural nicht vollwertig.
Einmal aber noch einen großen Namen zum Schluß und das ist Cy Twombly. Grisebach kann eine Arbeit von 100 x 70 cm mit dem Titel ‚Silex Scintillans‘ anbieten, die wirklich nur einen einzigen Makel feststellen lässt, und das ist der Schätzpreis von 100 – 150 TEUR, der allerdings als marktgerecht bewertet werden muss.
Wer aber fehlt? Nicht dabei sind dieses Mal gute Arbeiten von Jonathan Meese. Seine wieder erstarkten 2014/2015er sind noch zu marktfrisch und die aktuell angebotenen Blätter sind nicht wirklich erstrebenswert. Artschwager ist gar nicht vertreten. Eine angebotene Bisky-Leinwand, wäre vielleicht als kleine Papierarbeit noch vertretbar, als große Leinwand ist diese jedoch deutlich zu schwach. Von Rauch gibt es neben allerlei mittelmäßiger Graphik eine gruselige Papierarbeit und eine Leinwand von 1988, bei der man dem Leipziger eine etwas ausgeprägtere Fähigkeit zur Selbstkritik oder das Cutter-Messer aus Richters frühen Jahren gewünscht hätte.
Eine Studie von Elisabeth Peyton hätte ebenfalls im Skizzenbuch und dieses in einer Atelierschublade bleiben dürfen. Die einzige Leinwand von K.O. Götz ist zwar recht früh, aber dafür auch nicht so stark und konzentriert, wie er es so häufig unter Beweis gestellt hat. Geiger taucht leider nur mit einer Kaufhaus-Graphik-Auflage im Mappenformat auf und auch informelle Arbeiten von Trier und Sonderborg sucht man vergebens. Besonders bedauerlich ist jedoch, dass anscheinend alle Sammler Hanne Darboven zurück halten und – vernünftigerweise – die großen Ausstellungen abwarten. Auch von der Hamburgerin also leider keine herausragenden Leckerbissen.