Sie ist der Gradmesser der Kunstszene, die Tefaf in Maastricht. So klein das niederländische Städtchen auch sein mag, hier gilt nur die allerhöchste Qualität. In einer Branche in der nach ‚Art Price Report‘ Angaben derzeit 42 Milliarden Euro umgesetzt werden, hängt die Latte somit für diesen Anspruch extrem hoch. Dennoch: auf der Tefaf wird er erfüllt. Ob Gemälde, Skulpturen, Design, Schmuck, Antiken oder bibliographile Werke, jedes Exponat ist ein Meisterwerk. Die Stimmung war, wie auch in den Vorjahren, positiv und entspannt, denn auf dieser Messe wird nicht nur Besonderes gezeigt, sondern auch verkauft. Für die Altmeister bis zur Moderne gilt gleichermaßen die Formel, die für Immobilienfreunde ‚Lage, Lage, Lage‘ lautet, hier übersetzt mit ‚Die besten Künstler und von denen die besten Bilder‘. Brueghel, Cranach, Rodin, Van Gogh, Picasso, Chagall, Dali, Magritte, Beuys, Bacon, Basquiat, Warhol, Haring. Das Ganze bitte auf Leinwand oder gerne auch als Bronze. So kann man die Marke erreichen, die sonst nur auf dem Parkett der ganz großen Auktionen erzielt wird – zweistellige Millionen-Erlöse, wie es in 2016 immerhin über 80 Werken bei Sotheby’s, Christies, Phillips und Co gelang. Ein Besuch also lohnt in jedem Fall, auch wenn man für den Eintrittspreis von 100 EUR bereits bei dem einen oder anderen Museum ein Jahres-Billet inklusive lobender Erwähnung gelöst bekommt. Dafür stimmt dann aber auch die Atmosphäre. Fast jeder Stand stellt eine eindrucksvolle Inszenierung dar und die allermeisten Werke zeigen sich somit dann für den anvisierten Eigentümerwechsel von ihrer besten Seite. Eine kleine Auswahl hierzu folgt hiernach.
Fischli & Weiss meets Calder
Bereits bei der Doppelausstellung von Constantin Brancusi und Richard Serra vor fünf Jahren lag mir die Frage auf der Zunge, wie dieses sensibel und organisch anmutende Oeuvre des Rumänen mit der brachial fundamentalen Position des über ein halbes Jahrhundert später geborenen US-Amerianischen Bildhauer-Stars vereinbar sein könnte. Der Besuch dieser sensationellen Ausstellung lieferte nicht lediglich schlüssige sondern vor allem befriedigende Antworten hierauf. Zwar war ich auf der Erinnerung dieser Erfahrung fußend zuversichtlich bezüglich der Harmonie der vermeintlichen Dipole Calder und Fischli/Weiss abermals nicht enttäuscht zu werden, aber eine schlüssige Antwort vermochte ich mir im Vorfeld abermals nicht zu konstruieren.
Auch dieses Mal schafften die Kuratoren der Fundation Beyeler diesen bemerkenswerten Kunstgriff. Wenn er sich über die Exponate auch kaum verbalisieren lässt, ist er doch spürbar und erlebbar. Wer also im hektischen Messetrubel der Art Basel und ihrer Sidefairs einen Ruhepol für Körper, Geist und Seele sucht, findet ihn hier. Noch mehr Akku aufladen ist dann wie stets in der festen Sammlung möglich. Für die gilt bekanntlich: Die besten Künstler und von denen die besten Werke. Nach dem Picasso-Raum folgen auf dem Weg zum Meditation-Zentrum noch ein Richter-Giacometti-Raum. Wer dann noch immer nicht entspannt ist, sollte auf dem Sofa vor einem der vielleicht schönsten musealen Kunsträume der Welt Platz nehmen. Dem Ort wo die Gartenanlage der Fondation in den Seerosen-Teich übergeht und die raumhohen Fenster einen fließenden Übergang zum monumentalen Seerosen Triptychon von Claude Monet schaffen. Atemberaubend!
Kunstmesse der Superlative: Tefaf Maastricht
Was machte es für einen Sinn im Kontext der Tefaf über die Anzahl der feil gebotenen Leinwandarbeiten von Rubens, Picasso, Matisse, Chagall, Kirchner, Miró oder Richter nachzusinnen? Ebensogut könnte man alle im zweistelligen Millionensegment getaxten Exponate zusammenrechnen um festzustellen, das dies die jährliche Bilanzsumme des einen oder anderen Dax-Unternehmens überflügelte. Allein über die Qualität sagt es wenig aus. So waren beispielsweise mehrere Leinwandarbeiten von Renoir zu sehen, ohne das eine von ihnen jedoch ernsthaft über den Studiencharakter hinaus reichte.
Bemerkenswert an der Maastrichter Messe ist, die Spannbreite, der für Ihre altmeisterlichen Kunstwerke und Antiquitäten bekannten Show. Es geht bei den Ägyptern mit einigen farbfrohen Mumien los. Die Auswahl an hellenistischen Vasen, Krügen, Gefäßen und Gebrauchsgegenständen aus dem sechsten und fünften Jahrhundert vor Christi kann dann bereits als gut sortiert bezeichnet werden. Die Preise für kleinere Exponate, wie eine Vase von circa 10 cm Höhe starten bereits bei 6-8 TEUR und gehen dann bei namhaften Meistern der jeweiligen Epoche in den kleineren fünfstelligen Bereich. Dicht gefolgt werden diese Werke von römischen Marmorskulpturen, Torsi, Köpfen, Waffen oder Rüstungen. Mittelalterliche Sakralkunst ist dann ebenfalls weit verbreitet, die florentinische und venezianische Renaissance hingegen kann lediglich mit dem Umfeld der ganz großen Namen und deren Schulen aufwarten.
Dafür wurde neben zahlreichen Rubens Graphiken auch ein kleinformatiges Ölgemälde des flämischen Barockmalers gehandelt. Gemäß Flurfunk für 6,25 Millionen Euro. Interessant hierbei: Die vorher getätigte Zuschreibung zum Umfeld des Werkes konnte in den Händen des letzten Besitzers in eine verbindlich der Hand des Meisters entstammende Versicherung gewandelt werden. Dies erlaubte eine gut 500%ige Marge. Der vorangegangene Besitzerwechsel erfolgte noch um eine Million Euro.
Picasso: Das bisschen das ich schreibe kann ich auch zeichnen.
Das ist eine echte Picasso Sensation für den deutschen Kunstmarkt! Der Aufrufpreis für diese Picasso Postkarte, die der Künstler am 5. September 1918 an seinen Freund, den Dichter Guillaume Apollinaire nach Paris geschickt hat und die diesen niemals erreichte, liegt bei mindestens 100 TEUR. Spannend ist das Objekt insbesondere, da es sich um eine wichtige Zeichnung seines kubistischen Zyklus „La nature morte“ handelt. www.auktionen-gaertner.de