Was machte es für einen Sinn im Kontext der Tefaf über die Anzahl der feil gebotenen Leinwandarbeiten von Rubens, Picasso, Matisse, Chagall, Kirchner, Miró oder Richter nachzusinnen? Ebensogut könnte man alle im zweistelligen Millionensegment getaxten Exponate zusammenrechnen um festzustellen, das dies die jährliche Bilanzsumme des einen oder anderen Dax-Unternehmens überflügelte. Allein über die Qualität sagt es wenig aus. So waren beispielsweise mehrere Leinwandarbeiten von Renoir zu sehen, ohne das eine von ihnen jedoch ernsthaft über den Studiencharakter hinaus reichte.
Bemerkenswert an der Maastrichter Messe ist, die Spannbreite, der für Ihre altmeisterlichen Kunstwerke und Antiquitäten bekannten Show. Es geht bei den Ägyptern mit einigen farbfrohen Mumien los. Die Auswahl an hellenistischen Vasen, Krügen, Gefäßen und Gebrauchsgegenständen aus dem sechsten und fünften Jahrhundert vor Christi kann dann bereits als gut sortiert bezeichnet werden. Die Preise für kleinere Exponate, wie eine Vase von circa 10 cm Höhe starten bereits bei 6-8 TEUR und gehen dann bei namhaften Meistern der jeweiligen Epoche in den kleineren fünfstelligen Bereich. Dicht gefolgt werden diese Werke von römischen Marmorskulpturen, Torsi, Köpfen, Waffen oder Rüstungen. Mittelalterliche Sakralkunst ist dann ebenfalls weit verbreitet, die florentinische und venezianische Renaissance hingegen kann lediglich mit dem Umfeld der ganz großen Namen und deren Schulen aufwarten.
Dafür wurde neben zahlreichen Rubens Graphiken auch ein kleinformatiges Ölgemälde des flämischen Barockmalers gehandelt. Gemäß Flurfunk für 6,25 Millionen Euro. Interessant hierbei: Die vorher getätigte Zuschreibung zum Umfeld des Werkes konnte in den Händen des letzten Besitzers in eine verbindlich der Hand des Meisters entstammende Versicherung gewandelt werden. Dies erlaubte eine gut 500%ige Marge. Der vorangegangene Besitzerwechsel erfolgte noch um eine Million Euro.
Ebenfalls nur einmal vertreten war Monet mit einer ernstzunehmenden Leinwandarbeit. Deutlich erkennbar wie auch erwartungsgemäß war, dass die Anzahl qualitativ hochwertiger Meisterwerke im Expressionismus deutlich höher war als im Impressionismus. Die Vertreter von Brücke und Blauem Reiter plus Nolde und Munch melden auf der Tefaf traditionell Vollständigkeit. Abgerundet wird das Programm der Messe durch eine Photographie-Halle sowie eine weitere Abteilung für Arbeiten auf Papier.
Außerordentlich bemerkenswert war der Stand der New Yorker Hammers Gallery, die mit einer Gegenüberstellung des Frühwerks von Picasso und Matisse aufwarten konnte. Von beiden Künstlern wurden um die 20 Arbeiten gezeigt. Ausschließlich Leinwände versteht sich. Herausstechen hierbei sicherlich zwei Werk von 1901 und 1903, die somit die beiden epochalen Maler mit einem Beispiel aus ihrer frühesten Jugend, jeweils um das 20. Lebensjahr vorstellen.
Ebenfalls spektakulär, wenn auch in einer anderen Preisklasse ist das Angebot der Weston Gallery aus London, die eine in den 70er Jahren zusammen getragene Sammlung von 20 René Margritte Lithographien für eine viertel Million Pfund anbieten.
Ein empfundenes Überangebot im Markt suggeriert ein Messerundgang bei Chagall und Fontana. Bei beiden Vertretern gehen die Leinwände im kleinen siebenstelligen Bereich los. Der einzige Unterschied: Fontana kommt von unten und Chagall von oben.
Herausgehoben gehört noch das lebensgroße Bildnis der schönen Charlotte Cuhrt’s von Max Pechsteins aus 1910, dass die Galerie Thomas aus München aufgrund eines kürzlichen Ausflugs über den Auktionsmarkt preiswert mit rund einer Million Euro anbietet.
Kein Miró-Freund muss man sein, um eine frühe kleinformatige Arbeit des Spaniers als ästhetische und künstlerische Sensation zu empfinden. Bei Landau Fine Arts ist dieses atemberaubende Meisterwerk für 9,75 Mio. Euro getaxt. Generell kann man insbesondere auch an diesem Stand zur erfolgreichen Umsetzung des Mottos: ‚Die besten Künstler und von denen die besten Bilder’ gratulieren.
In der zeitgenössischen Abteilung wird die Luft dann schnell dünner. Vereinfacht kann man sagen: Wer im preislichen Spitzensegment angekommen ist, ist auch vertreten. Betroffen sind natürlich allen voran Cragg, Kapoor, die prominenten Zero-Vertreter, Shiraga, Haring und sogar Banksy.
Hier wird dann die teils hasardeurhafte Preisgestaltung der Messe besonders augenscheinlich. Schillerndes Beispiel ist ein Otto Piene im quadratischen Leinwand-Format auf 150 cm aus dem für Zero-Fans weder Fisch-noch-Fleisch-Jahr 1974, die man qualitativ am besten mit ‚in Ordnung’ charakterisiert, für die ein Berliner Gallerist den völlig marktfernen Preis von 750 TEUR aufruft. Galerie Ludorff zeigt mit einer 100 x 80 cm messenden hochkonzentrierten und kunsthistorisch relevanten Arbeit von 1962 für 250 TEUR, wie ein attraktives Angebot des selben Vertreters aussehen kann. Ähnlich absurd ist das Angebot an gleicher Berliner Adresse für ein Portfolio von 5 frühen Beuys Holzschnitten, für die der Rufpreis bei beachtlichen 35 TEUR liegt. Beachtlich insbesondere deshalb, weil die Motive in der Ketterer Weihnachtsauktion 2015 einzeln zwischen 1000 und 3000 Euro erzielten.
Spannend auch die Preisgestaltung der Smith Davidson Gallery die ein 90 x 60 cm großes ikonographisches Spätwerk von Haring ebenso mit 950 TEUR bewertet, wie einen mannshohen Smiley Chopper von Banksy. Wenn diese Bewertung bei Haring sicherlich gleichermaßen gerechtfertigt ist, wie auch bei einer wunderbaren Zeichnung aus 1987, so scheint eine künftige Entwicklung bei Banksy hier doch eher vor der Zeit eingepreist.
Bei Gerhard Richter kommen nach einer großformatigen rot dominierten abstrakten Arbeit, mit dem sportlichen Rufpreis von 25 Millionen Euro noch wenige kleinere Formate, wie der einen Quadratmeter messende ‚Ben‘ und danach setzt auch schon bald der Devotionalienhandel mit mittelmäßigen bis schlechten kleinformatigen Abstraktionen auf Papier ein, für deren galeristenseitige Preisvorstellungen man richtige Kunst erwerben könnte.
Das Fazit des Tefaf Besuchs könnte also ähnlich ausfallen, wie bei einem Einkaufsbummel durch die Dubai-Mal. Grundsätzlich könnte der hungrige Sammler sich hier mit nahezu allem versorgen, was das Sammlerherz begehrt, ‚Sale‘ oder ‚Discount’-Etiketten, die noch im KaDeWe oder dem Oberpollinger die Laufstraßen säumen, gibt es keine und das Warenangebot bietet sowohl die nötige Sortimentstiefe, als auch -breite. Der Bummel durch das Luxusangebot ist inspirierend und mit der bewährten Formel, nur gucken nicht kaufen‘, schützt und erhält man die eigene Einkaufskraft, denn bekanntlich ist nach der Messe vor der Messe. In knapp vier Wochen startet die Art Cologne, die von zahlreichen Frühjahrsauktionen flankiert wird.