Charmefreie Gerhard Richter Edition

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Würden Sie diese Dame wirklich in Ihr Wohnzimmer bitten?

Richter sells. Aber rechtfertigt der Name wirklich jedes Sujet und alle Preise oder gibt es auch charmfreie Editionen des Großmeisters? Ja, auch das geht. Nach der wunderbaren Edition ‚Grau‘ für den Museumsverein Mönchengladbach in bemerkenswert kleiner 50er Auflage hat es Texte zur Kunst nicht wirklich gut getroffen. Die sonst so stillsicheren Verleger attraktiver Insider-Magazine und zumeist wunderbarer Editionen liegen dieses Mal leider total daneben.

Gerhard Richter, Grauer Spiegel (Reminiszenz), 2015 Foto: Gerhard Richter - Edition für den Museumsverein Mönchengladbach, Preis 5 TEUR, Auflage 50 Expl.
Spektakulär hingegen: Grauer Spiegel (Reminiszenz), 2015
Foto: Gerhard Richter – Edition für den Museumsverein Mönchengladbach, Preis 5 TEUR, Auflage 50 Expl.

Der Pigmentdruck auf 308 g/m² Photorag auf Alu-Dibond, Blattgröße: 51 × 50 cm hat nur eine Netto-Bildgröße von 33 × 36 cm, in einer Auflage von 120 + 15 A.P. und ist rückseitig nummeriert und signiert. Der Preis beträgt stolze € 5800,–. Abgesehen davon, dass zu diesem Kurs deutlich attraktivere ältere Editionen im Handel und auf Auktionen den Besitzer wechseln, stellt sich sicherlich neben mir auch dem einen oder anderen eingefleischten Richter-Fan die Frage, warum man das heimische Wohnzimmer künftig gerade mit dieser Dame teilen sollte. „Charmefreie Gerhard Richter Edition“ weiterlesen

Kulturschutzgesetz: Gut gemeint ungleich gut gemacht.

Seine Leihgaben an das Dresdner Albertinum hat der Künstler Georg Baselitz wegen des Kulturgutschutzgesetzes wieder zurückgezogen. | © Oliver Killig/dpa
Seine Leihgaben an das Dresdner Albertinum hat der Künstler Georg Baselitz wegen des Kulturgutschutzgesetzes wieder zurückgezogen. | © Oliver Killig/dpa

Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht. Das Kulturschutzgesetz klingt nicht nur verkorkst, es ist es auch. Ich liebe es, Beuys, Lüpertz, Baselitz, Richter, Polke, Immendorff genau wie Liebermann, Heckl, Nolde, Corinth oder Schmidt-Rottluff im Guggenheim, der Tate oder dem Prado zu sehen. Das ist doch wie gute Freunde in der Ferne treffen. Wer könnte zudem neben unserer Nationalelf ein besserer Botschafter für Deutschland in der Welt sein als diese Herren? Ebensogut hätte ich natürlich auch Paula Modersohn-Becker, Eva Hesse oder Hanne Darboven nennen können. Was ich damit sagen will: Deutschland ist nicht nur Export-Weltmeister sondern auch Weltmeister in der Kunst und alle wollen uns! In der aktuellen 2015er ‚Weltrangliste‘ dem Kunstkompass sind wieder 29 Deutsche Maler, Fotografen und Bildhauer geführt. Keine andere Nation ist mit so vielen Künstlern vertreten! Gerhard Richter führt diese Liste auch deshalb an, weil sein Zyklus ’18. Oktober 1977′ im MoMa hängt, auch wenn mancher ihn vielleicht lieber in Berlin sähe. Georg Baselitz hat es (sich) ganz einfach gemacht. Einfach gut. Er hat ein Zeichen gesetzt, das für Kulturstaatsministerin Monika Grütters eine klare Ansage ist, indem er schlicht seine Leihgaben aus dem Dresdner Albertinum sowie allen anderen deutschen Museen zurückgezogen hat. Vielleicht auch deshalb, weil er am Beispiel des Werkes ‚Porträt Elke 1‘ aus dem Jahr 1969 nur noch vier Jahre Zeit hätte, dies ohne Sondergenehmigung der Bundesregierung frei zu handeln. Ein 50 Jahre alter ‚Neuer Typ‘ aus dem Zyklus seiner Heldenbilder fiele bereits heute unter das Handelsverbot.

Ein Sammler andererseits, der mit einer gut strukturierten Arbeit in vielen Fällen einen erheblichen Anteil an der Image- und Wertentwicklung eines Künstlers hat, würde mit dem Kulturschutzgesetz für seine konsequente Sammlungsführung abgestraft und übervorteilt werden. Eine der zahlreichen, schädlichen Folgen wäre, dass gut strukturierte und museal geführte Sammlungen frühzeitig das Weite suchen würden und somit eine gefährliche Abwanderung jüngerer Werke mit hohem Potential die Folge wäre. Die Devise eines Sammlers, der sich selber auch als ordentlicher Kaufmann noch im Spiegel betrachten können möchte, wäre also, alle Kunstgegenstände noch vor dem Erreichen des jeweils 50. Geburtstags und des Durchbrechens der 150.000 EUR Wertmarke außer Landes zu schaffen. Tschüß Kippenberger, tschüß Piene, tschüß Walther… Und seien wir mal ehrlich: Das Pergamon oder das Bode-Museum in Berlin würden doch auch eine ziemlich jämmerliche Show abliefern, wenn alle Nationen dies in der Vergangenheit so gehandhabt hätten, wie der Gesetz-Entwurf es vorsieht. Fazit: Kunst verträgt kein Auswanderungsverbot!