Auktionsverlauf Benefiz-Auktion Überraschungsfrei

img_8630Die traditionelle Benefiz-Auktion der Hamburger Kulturstiftung verlief mit wenigen Ausreißern angenehm überraschungsfrei und sorgte somit für eine überwiegende Zuschlagdichte nahe den für die Veranstalter sicherlich zufriedenstellenden Tax-Preisen. Dafür verantwortlich war sicherlich der gute Mix zwischen spannenden jungen Positionen wie Katja Aufleger oder Gerrit Frohne-Brinkmann mit ebenfalls starken Losen etablierter Künstler wie Andreas Slominski oder Henrik Eiben. Der beeindruckend polyglotte und gejetlagte Auktionator Dr. Philipp Herzog von Württemberg von Sotheby`s hatte zwar offensichtlich beim Weg zum Pult einen angelsächsischen Bekannten im Auditorium entdeckt, so dass er seine Texte hälftig in diesem Idiom zum Besten gab, aber glücklicherweise sind die Hanseaten traditionell sprachgewandt genug, dass auch diese Hürde keine Abschläge auf die Zuschläge verursachte. Auffallend günstig und fern des Schätzpreises von 9 TEUR wurde mit 3 TEUR ausgerechnet eine Diptychon Frottage von Matt Mullican auf Leinwand im schönen Format von je 50 x 60 cm zugeschlagen. Auch bei diesem Los bleibt nur dem Besonnenen, der hier gerade die Hand oben hatte, als das Hämmerchen fiel zu gratulieren.

Marc Lüders Photopictur
Marc Lüders Photopictur
Andreas Slominski 'Einige Blätter'
Andreas Slominski ‚Einige Blätter‘
Stefan Marx 'Feelings Aren't Final'
Stefan Marx ‚Feelings Aren’t Final‘

Deutsche in London Part I: Sotheby’s

Was machte der Londoner Auktionsstandort wohl ohne unsere Unterstützung. Weder alle Künstler noch alle Werke aus deutschen Ateliers habe ich hier aufgeführt, jedoch einiges bemerkenswertes sowie natürlich die deutschen Höhepunkte des Evening Sales bei Sotheby’s am 10. sowie des Day Sale am 11. Februar. Recht sexy (aber sonst nicht viel mehr) dieses Mal der Preiseinstieg bei Martin Eders ‚Girl I & II‘ für 3-5 TGBP. Qualität vor Quantität gilt ungewöhnlicherweise hier bei Joseph Beuys. Seine Tagebucheinträge März bis Dezember 1974 wären als Fehlstelle in einer gut sortierten Beuys-Sammlung sicherlich erträglich. Ebenso bedauerlich ist es, dass mit Moving Figure abermals kein wirklich starker A. R. Penck zum Aufruf kommt. Da nützt auch der günstige Schätzpreis von 12-15 GBP wenig. Isa Genzkens Doppelraum dürfte allerdings Potential haben, auch die obere Taxe deutlich zu durchbrechen, da ja die größeren unikatären Reihen Ihrer Weltempfänger zuletzt bereits fast in den dreistelligen Bereich hoch schossen. Nicht besonders günstig ist dann mit 180-220′ GBP die Schätzung bei Günther Förg angesetzt. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass es wohl auch nahezu aussichtslos wäre auf ein noch schöneres Bleibild des 2013 verstorbenen Künstlers zu warten. Obgleich auch die vertikale Bleiarbeit mit etwas geringerer Schätzung bei Christies nicht unattraktiv ist. Gleiches gilt für Georg Baselitz’s Frakturbild ‚Neuer Typ‘ von 1966. Diese Zeichnung ist ein echtes Traumstück und so sonst außerhalb des institutionellen Rahmens nur in Sammlungen wir bei Thomas Olbricht zu finden. Spannenderweise gibt es auch hier zwei korrespondierende Stücke die am Folgetag beim Wettbewerb unter den Hammer kommen. Die Preisdifferenz zu einem (selten zu findenden) relativ schwachen und wohl auch nicht in bester Farberhaltung befindlichen Adler von 1977 kann also als nachvollziehbar angesehen werden. Ein gewohnt langweiliger Rauch, bei dem die Klavierlehrerin es nicht schafft uns Betrachter mit dem stilettgleichen Taktstock aus der Banalität zu erlösen, dürfte bei dieser Schätzung ebenso einen Sammler finden, zu dessen Wohnzimmerstoffen die heitere Farbkombination passt. Praktisch auch: Rauch versteht es sein gestresstes Manager-Klientel, dass sich nun wirklich nicht ständig um Bildzusammenhänge und -Titel kümmern kann mit Sprechblasen und piktogrammartiger Symbolik das Entre-Geplänkel für die nächste Dinner-Party gleich mitzuliefern. Ich tippe also auf das obere Ende der Schätzung. Das gute Kunst und echter Humor sich nicht ausschließen müssen beweist hingegen wieder einmal Sigmar Polke mit seinem wunderbaren Multiple APPARAT, MIT DEM EINE KARTOFFEL EINE ANDERE UMKREISEN KANN. Ein wunderbares Stück, dass in keiner großen Polke Sammlung oder Ausstellung fehlen darf. Die obere Grenze definiert wenig überraschend die Weltrangelisten Nummer 1 Gerhard Richter mit ‚Abstraktes Bild 725-4‘ aus 1990. Schätzpreis 14-20 Mio. GBP.

Martin Eder, B. 1968, GIRL WVZ 247 AND GIRL WVZ 205 (TWO WORKS), (i) signed and dated 1/02; signed with the artist's initials, titled and dated 01/02 on the reverse, (ii) signed and dated 12/01; signed with the artist's initials,titled and dated 12/01 on the reverse, watercolour on paper; in two parts, each: 27.9 by 22.5cm.; 11 by 8 7/8 in. - Estimate 3-5' GBP
Martin Eder, B. 1968, GIRL WVZ 247 AND GIRL WVZ 205 (TWO WORKS), (i) signed and dated 1/02; signed with the artist’s initials, titled and dated 01/02 on the reverse, (ii) signed and dated 12/01; signed with the artist’s initials,titled and dated 12/01 on the reverse, watercolour on paper; in two parts, each: 27.9 by 22.5cm.; 11 by 8 7/8 in. – Estimate 3-5′ GBP
A. R. Penck B.1939 MOVING FIGURE signed acrylic on canvas 50 by 60cm.; 19 1/2 by 23 5/8 in. Executed circa 1990.
A. R. Penck B.1939 MOVING FIGURE signed acrylic on canvas 50 by 60cm.; 19 1/2 by 23 5/8 in. Executed circa 1990. 12-18′ GBP
Joseph Beuys, UNTITLED (TAGEBUCH MARCH - DECEMBER 1974), each: signed and dated 74 on the reverse, ink and pencil on datebook pages, mounted on cardboard, in 35 parts, each sheet: 35.6 by 26cm.; 14 by 10 1/4 in., overall: 87.6 by 134cm.; 34 1/2 by 52 3/4 in., Executed in 1974-75. Estimate 100-150'
Joseph Beuys, UNTITLED (TAGEBUCH MARCH – DECEMBER 1974), each: signed and dated 74 on the reverse, ink and pencil on datebook pages, mounted on cardboard, in 35 parts, each sheet: 35.6 by 26cm.; 14 by 10 1/4 in., overall: 87.6 by 134cm.; 34 1/2 by 52 3/4 in., Executed in 1974-75. Estimate 100-150′
Sigmar Polke 1941 - 2010 APPARAT, MIT DEM EINE KARTOFFEL EINE ANDERE UMKREISEN KANN (APPARATUS WHEREBY ONE POTATO CAN ORBIT ANOTHER) signed, dated 69 and numbered 10/30 on the wood stand wooden stand, battery operated motor, elastic fan belt, wire and potatoes 94 by 29.5 by 40.5cm.; 37 by 11 5/8 by 15 7/8 in.
Sigmar Polke, 1941 – 2010, APPARAT, MIT DEM EINE KARTOFFEL EINE ANDERE UMKREISEN KANN (APPARATUS WHEREBY ONE POTATO CAN ORBIT ANOTHER), signed, dated 69 and numbered 10/30 on the wood stand, wooden stand, battery operated motor, elastic fan belt, wire and potatoes, 94 by 29.5 by 40.5cm.; 37 by 11 5/8 by 15 7/8 in.

„Deutsche in London Part I: Sotheby’s“ weiterlesen

Weihnachtsauktionen: Schätze im Verborgenen!

Meisterliches pointillistisches Frühwerk Ivo Hauptmanns, Öl/Lwd., 48,5 x 63,5 cm, r. u. signiert und datiert. Im Auktionshaus Stahl für SP 17 TEUR
Meisterliches pointillistisches Frühwerk Ivo Hauptmanns, Öl/Lwd., 48,5 x 63,5 cm, r. u. signiert und datiert. Im Auktionshaus Stahl für SP 17 TEUR

Die Auktionen laufen wieder und vielfach verliert sich der Blick im Überangebot der Kataloge. Aber neben Christies, Sotheby’s, Phillips oder den deutschen Häusern Villa Grisebach, Van Ham, Lempertz oder Ketterer lohnt auch immer wieder das intensive Studium der kleineren Häuser. Aber auch regionale Besonderheiten spielen bei der Preisentwicklung im Auktionssaal eine Rolle. Trotz Internet und vermeintlicher Transparenz ist die Chance auf ein günstiges Seestück von Johannes Holst in München häufig größer als in Hamburg. Exemplarisch hierfür stehen die 3 starken Werke des begehrten Marinemalers, die bei Ketterer in München diese Woche deutlich unter Wert liefen. Spannend zu sehen sein wird, ob es dem As der Münchner Schule Edward Harrison Compton mit seinem Alpenpanorama beim Hamburger Auktionshaus Stahl ähnlich ergehen wird. Apropos Stahl: Mit 17 TEUR kommt hier ebenfalls eine bedeutende pointillistische Arbeit Ivo Hauptmanns aus dem Besitz der Familie des Künstlers zum Aufruf, wie man sie sicherlich nur äußerst selten im Markt finden dürfte. Der Einfluss und Kontakt zu Paul Signac bei Haupmanns Paris-Reisen ist hier deutlich sichtbar und nicht nur Sujet sondern auch der bezeichnende Titel ‚Sonnenuntergang über der Elbe‘ lassen die Herzen von Impressionisten-Freunden und norddeutschen Kunst-Sammlern gleichermaßen höher schlagen. Ebenso herausragend und bedeutungsvoll ist die unter der Losnummer 475  dokumentierte unikatäre Art Deco Messing-Schale Henry Van de Veldes, die interessanterweise ebenfalls aus dem Privatbesitz der Familie Hauptmann stammt.

A. R. Penck zentrale vielfach museal ausgestellte und dokumentierte Arbeit in Acryl auf Lwd. im Format 160 x 100 cm bei AH Germann in Zürich zugeschlagen für 50' CHF.
A. R. Penck – zentrale vielfach museal ausgestellte und dokumentierte Arbeit in Acryl auf Lwd. im Format 160 x 100 cm bei AH Germann in Zürich zugeschlagen für 50′ CHF.

Ähnlich spannend zu beobachten war am Montag die Entwicklung zweier zeitgenössischer deutscher Außenseiter-Positionen im eher lokal verwurzelten Züricher Auktionshaus Germann, dass in seinem Programm auch entsprechend klare thematische Akzente setzt. Zum Aufruf kam hier zum einen ein kleiner Imi Knoebel in Acryl auf Aluminiumplatten, der zur unteren Taxe und somit deutlich unter der Hälfte des Marktwertes bei 3200 CHF zugeschlagen wurde, zum anderen die meisterliche und viel gereiste und dokumentierte großformatige Arbeit A. R. Penck’s ‚Roter Mann mit Adler‘, die in Relation zu ihrer Bedeutung mit 50 TCHF zum Bruchteil eines denkbaren erzielbaren Ergebnisses in adäquatem internationalem Umfeld zugeschlagen wurde.

Gleiches gilt für eine der regelmäßig im Markt laufenden Zeichnungen Keith Harings auf dem pinken Grund des Ausstellungskatalogs von Tony Shafrazi aus dem Jahr 1982. Je nach Ausführung erzielen die Stücke selbst mit einer preismindernden Widmung in der Regel je nach Motiv und Aufwendigkeit zwischen 11 und 16 TEUR. Das Auktionshaus Doyle erteilte am 17. November bereits bei knapp über 8 TEUR inkl. Aufgeld den Zuschlag.

Keith Haring, Signed Keith Haring and dated 82, Marker on front inside cover of Tony Shafrazi exhibition catalogue 9 x 9 1/8 inches, für 8200 EUR bei Auktionshaus Doyle ca. 30% unter Marktpreis
Keith Haring, Signed Keith Haring and dated 82, Marker on front inside cover of Tony Shafrazi exhibition catalogue, 9 x 9 1/8 inches, für 8200 EUR im Auktionshaus Doyle ca. 40% unter Marktpreis

 

Beuys‘ Capri-Batterie: Überhitzt oder sichere Bank?

Capri-Batterie im Museum Schloß Moyland dem Beuys Museum am Niederrhein
Capri-Batterie im Museum Schloß Moyland, dem Beuys-Museum am Niederrhein
Einige Capri Batterien sind auch in Vitrinen-Arbeiten aufgegangen
Einige Capri-Batterien sind auch in Vitrinen-Arbeiten aufgegangen

Nach allem, was man über den Kunstmarkt und insbesondere über Editionen gelernt hat, sollte man von Auflagen oberhalb von 100 Exemplaren eher Abstand nehmen. ‚Kaufhauskunst‘ sagen böse Zungen zu derart inflationären Multiples und Graphiken, bei denen die Dalís und Hundertwassers dieser Welt ganz weit vorne liegen. Wie aber sieht es mit der Capri-Batterie aus?
Sie zählt zu den kanonistischen Werken der Multiples und ist eine regelrechte Ikone. Viele empfinden Sie als Quintessenz des späten Beuys-Werks. Nicht zu Unrecht. Diese wunderbare Arbeit, deren Verpackung die Aufschrift ‚Nach tausend Stunden Batterie wechseln‘ trägt, enthält alles, was ein starkes Spätwerk ausmacht. Leichtigkeit, Humor, einen Tick Selbstironie und dennoch können Sie bei Bedarf sofort in die Tiefe gehen und den ganzen Beuys daran auffächern. Wie aber sieht es mit den Preisen aus? „Beuys‘ Capri-Batterie: Überhitzt oder sichere Bank?“ weiterlesen