Villa Grisebach: Das ist aufgefallen
Otto Mueller, Emil Nolde, Christian Rohlfs. Hier kann Villa Grisebach in Deutschland niemand etwas vormachen. Der Fokus bei den Berlinern ist klar: Deutscher Impressionismus. Hier wird es zwischen dem 04. und 06 Juni wieder museal. Aber auch in der zeitgenössischen Abteilung gibt es abermals bemerkenswertes zu sehen. Bemerkenswert teures, Bemerkenswert belangloses und bemerkenswert begehrtes. Die genaue Sichtung lohnt auf jeden Fall. Ein paar subjektive Impressionen vorab:
Deutsche in London Part III: Phillips
Bei Phillips fehlen bei diesem Verkauf die wirklichen Höhepunkte. Dies ist dann auch schon fast die einzige Dramaturgie, die sich durch beide Kataloge der Auktionen vom 09. und 10. Februar zieht. Also kein Phänomen der deutschen Vertreter. Von den großen Namen gibt es mit Baselitz, Kiefer und Rauch ein Tripple in der Malerei und ein gleiches mit Gursky, Demand und Höfer in der Fotografie. Da ich mir bei Letzterer -wie stets- kein Urteil erlaube, sei hier lediglich das Bauchempfinden auf einen außerordentlich starken Thomas Demand gestattet. In der Malerei wäre hier sicherlich am ehesten der Kiefer Wege Der Weltweisheit – Die Herrmannsslacht, von 1978 hervorzuheben. Bemerkenswert ist dabei vor allem auch das Format von 340 x 330 cm und der recht moderate Schätzpreis von 350- 500′ GBP. Der großen Nacht im Eimer hat dieser Remix nicht so gut getan wie anderen und das sagt der, der für diesen zu Unrecht gebetsmühlenartig kritisierten Zyklus stets und leidenschaftlich eine Lanze bricht. Dennoch bleibt das Plädoyer, dass es mittelfristig nicht falsch sein kann, zum Preis einer 60er Jahre Zeichnung von Baselitz aus dieser Zeit eine großformatige Leinwand zu erwerben. Ja .. und groß ist der Neo Rauch auch. Mehr Spaß machen dann schon mit André Butzer, Thomas Scheibitz und Gregor Hildebrandt die drei jüngeren Vertreter der deutschen Zunft. Zwar sollte man letztere Arbeit sicherlich im Original gesehen haben, aber das diese Leinwand für Freunde des Bad Homburgers eine Chance sein kann unter dem Galerie-Preis zum Zuge zu kommen, ist sicherlich attraktiv. Wunderbar dann auch der skulpturale Arbeit (Eis)Berg von Thomas Scheibitz, der auch beim Schritt von der zwoten in die dritte Dimension hierin unverkennbar bleibt und der hier sicherlich nicht zufällig eine romantische Assoziation zu Caspar David Friedrichs Eismeer schürt. André Butzer hat für seine drei Spaßvögel mit Kitty auf jeden Fall eine lobende Erwähnung verdient. Wollte man einen Butzer haben, dann doch wohl diesen. Spannend wird abzuwarten sein, wie sich die beiden mit 10-15′ GBP geschätzten Kindersterne von Imi Knoebel hier entwickeln und ob das Streifenbild von Kunst-Aussteiger Anselm Reyle in London für 30-40′ GBP noch einen Interessenten findet.
Deutsche in London Part II: Christies
In direkter Folge auf die Sotheby’s Auktion legt Christies am 12. und 13. Februar nach. Auch hier besticht die hohe Qualität nicht nur im Evening Sale. Ein Kanu von Peter Doig, ein weißer 5-Schlitz Fontana, gleich ein ganzer Strauß von Mobiles und Leinwandarbeiten Alexander Calders und allem voran sicherlich zwei Lucian Freud Werke. ‚Head of Esther‘ ist die stärkere davon und ziert somit zurecht den Titel des Katalogs. Eine Arbeit die in Freudscher Manier von 1982-1983 in wahrscheinlich über 50 Sitzungen entstand und dem Betrachter vor Präsenz, Anmut und Schönheit schier den Atem verschlägt. Ein Meisterwerk für das selbst der millionenschwere Schätzpreis noch zu günstig wirken muss. (letztes Bild). But back to Germany. Das Who is Who der deutschen Maler ist vertreten. Somit also auch Zero: Uecker, Piene, Mack haben jeweils eine außerordentlich schöne Arbeit vorzuweisen. ‚Poetische Reihe (Sylt)‘ hat nicht nur einen tollen Titel sondern ist in der Tat genagelte Poesie. Das sahen die Londoner wohl auch so und schätzten diese nur 44 x 44 cm große Arbeit mit 200-300′ GBP. Für eine 1976er Arbeit dieses Formats extrem sportlich! Deutlich besser angelegt wären dann wohl die 50-70′ GBP für Pienes Sonnenaufgang aus der Zero-Zeit (1962). Ein herzerwärmendes Stück! Wer hingegen bei der bemerkenswerten Rakel-Arbeit von Heinz Mack aus 1957 (!) zum Zuge kommen will, darf sich wohl keiner Illusion hingeben, dass diese aufgrund der hohen Schätzung und des kleinen Formats am unteren Rand bleiben wird. Hier sind die 100′ GBP für dieses Kleinformat in 30 x 30 cm tatsächlich realistisch.
Bei Hanne Darboven geht es hingegen deutlich bodenständiger zu. Diese wunderbare Suite aus insgesamt 25 Blättern ist im Vergleich zu konzeptionellen Arbeiten dieser Zeit weiterhin sehr günstig eingeschätzt.
Bei dieser Beuys-Tafel ist alles drin! Die letzte vergleichbare Arbeit wurde in ähnlicher Größenordnung vor 5 Jahren angeboten. Seither hat sich der Markt bei Beuys massiv verändert. Tafeln stehen wie kein anderes Medium für den späten lehrenden Schamanen und sind die Ausdrucksform, in der er auch in den 70er Jahren noch gelegentlich die zeichnerischen Genialität seines Frühwerks aufzeigt. Auch wenn es hier noch deutlich stärkere Beispiele gibt, sind diese idR in Blocks zusammengestellt oder in institutionellen Sammlungen gebunden. Eine seltene Gelegenheit also, die genauso gut die halbe Million, wie auch die Millionen-Hürde nehmen kann. „Deutsche in London Part II: Christies“ weiterlesen
Deutsche in London Part I: Sotheby’s
Was machte der Londoner Auktionsstandort wohl ohne unsere Unterstützung. Weder alle Künstler noch alle Werke aus deutschen Ateliers habe ich hier aufgeführt, jedoch einiges bemerkenswertes sowie natürlich die deutschen Höhepunkte des Evening Sales bei Sotheby’s am 10. sowie des Day Sale am 11. Februar. Recht sexy (aber sonst nicht viel mehr) dieses Mal der Preiseinstieg bei Martin Eders ‚Girl I & II‘ für 3-5 TGBP. Qualität vor Quantität gilt ungewöhnlicherweise hier bei Joseph Beuys. Seine Tagebucheinträge März bis Dezember 1974 wären als Fehlstelle in einer gut sortierten Beuys-Sammlung sicherlich erträglich. Ebenso bedauerlich ist es, dass mit Moving Figure abermals kein wirklich starker A. R. Penck zum Aufruf kommt. Da nützt auch der günstige Schätzpreis von 12-15 GBP wenig. Isa Genzkens Doppelraum dürfte allerdings Potential haben, auch die obere Taxe deutlich zu durchbrechen, da ja die größeren unikatären Reihen Ihrer Weltempfänger zuletzt bereits fast in den dreistelligen Bereich hoch schossen. Nicht besonders günstig ist dann mit 180-220′ GBP die Schätzung bei Günther Förg angesetzt. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass es wohl auch nahezu aussichtslos wäre auf ein noch schöneres Bleibild des 2013 verstorbenen Künstlers zu warten. Obgleich auch die vertikale Bleiarbeit mit etwas geringerer Schätzung bei Christies nicht unattraktiv ist. Gleiches gilt für Georg Baselitz’s Frakturbild ‚Neuer Typ‘ von 1966. Diese Zeichnung ist ein echtes Traumstück und so sonst außerhalb des institutionellen Rahmens nur in Sammlungen wir bei Thomas Olbricht zu finden. Spannenderweise gibt es auch hier zwei korrespondierende Stücke die am Folgetag beim Wettbewerb unter den Hammer kommen. Die Preisdifferenz zu einem (selten zu findenden) relativ schwachen und wohl auch nicht in bester Farberhaltung befindlichen Adler von 1977 kann also als nachvollziehbar angesehen werden. Ein gewohnt langweiliger Rauch, bei dem die Klavierlehrerin es nicht schafft uns Betrachter mit dem stilettgleichen Taktstock aus der Banalität zu erlösen, dürfte bei dieser Schätzung ebenso einen Sammler finden, zu dessen Wohnzimmerstoffen die heitere Farbkombination passt. Praktisch auch: Rauch versteht es sein gestresstes Manager-Klientel, dass sich nun wirklich nicht ständig um Bildzusammenhänge und -Titel kümmern kann mit Sprechblasen und piktogrammartiger Symbolik das Entre-Geplänkel für die nächste Dinner-Party gleich mitzuliefern. Ich tippe also auf das obere Ende der Schätzung. Das gute Kunst und echter Humor sich nicht ausschließen müssen beweist hingegen wieder einmal Sigmar Polke mit seinem wunderbaren Multiple APPARAT, MIT DEM EINE KARTOFFEL EINE ANDERE UMKREISEN KANN. Ein wunderbares Stück, dass in keiner großen Polke Sammlung oder Ausstellung fehlen darf. Die obere Grenze definiert wenig überraschend die Weltrangelisten Nummer 1 Gerhard Richter mit ‚Abstraktes Bild 725-4‘ aus 1990. Schätzpreis 14-20 Mio. GBP.