Villa Grisebach: Das ist aufgefallen

Otto Mueller, Emil Nolde, Christian Rohlfs. Hier kann Villa Grisebach in Deutschland niemand etwas vormachen.  Der Fokus bei den Berlinern ist klar: Deutscher Impressionismus. Hier wird es zwischen dem 04. und 06 Juni wieder museal. Aber auch in der zeitgenössischen Abteilung gibt es abermals bemerkenswertes zu sehen. Bemerkenswert teures, Bemerkenswert belangloses und bemerkenswert begehrtes. Die genaue Sichtung lohnt auf jeden Fall. Ein paar subjektive Impressionen vorab:

Hier hilft es sicherlich Polke-Fan zu sein. Dann weiß man nämlich, dass der Blick der Dame beim Akt nicht auf die Preisgestaltung einwirkt. Mit 120 - 150 TEUR SP ist hier sicherlich der frühe Einstieg deutlich bereits verpasst. Ansonsten eine wichtige Arbeit dieser kleinen Serie.
Hier hilft es sicherlich Polke-Fan zu sein. Dann weiß man nämlich, dass der Blick der Dame beim Akt nicht auf die Preisgestaltung einwirkt. Mit 120 – 150 TEUR SP ist hier sicherlich der frühe Einstieg deutlich bereits verpasst. Ansonsten eine wichtige Arbeit dieser kleinen Serie.
Vielleicht ist auch diese Arbeit nicht genau das, was sich jeder unter einer Cragg Skulptur vorstellt. Eins ist jedoch gewiss: Sie hat Charme und es steckt alles drin, was auch eine große Skulptur bieten kann. 40-60 TEUR also auch hier ein spannender Einstieg für das Werk 'Grenze Weg' aus 2015
Vielleicht ist auch diese Arbeit nicht genau das, was sich jeder unter einer Cragg Skulptur vorstellt. Eins ist jedoch gewiss: Sie hat Charme und es steckt alles drin, was auch eine große Skulptur bieten kann. 40-60 TEUR also auch hier ein spannender Einstieg für das Werk ‚Grenze Weg‘ aus 2015
Neo Rauch: Auch im Frühwerk kein zwingender Genug. 'Garten im Sturm' zeichnet sich allerdings zweifelsohne durch sein unaufdringliches Format von 45 x 60 cm aus. Das fröhliche Ostalgie-Grau und Schlamm-Grün bleibt ansonsten künstlerisch Überraschungsfrei. Taxe 100-150 TEUR
Neo Rauch: Auch im Frühwerk kein zwingender Genug. ‚Garten im Sturm‘ zeichnet sich allerdings zweifelsohne durch sein unaufdringliches Format von 45 x 60 cm aus. Das fröhliche Ostalgie-Grau und Schlamm-Grün bleibt ansonsten künstlerisch Überraschungsfrei. Taxe 100-150 TEUR

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Alle Höhepunkte der Juni-Auktionen 2015: Hohe Preise und viel Mittelmaß

Wichtige dithyrambische Lüpertz-Gouache aus 1972/73 für 10-15 TEUR bei Villa Grisebach
Wichtige dithyrambische Lüpertz-Gouache aus 1972/73 für 10-15 TEUR bei Villa Grisebach

In den Juni Auktionen der deutsch-sprachigen Auktionshäuser Van Ham, Koller, Karl & Faber, Villa Grisebach, Ketterer und Lempertz ist viel mittlere Qualität zu finden. Der folgende Abriss soll einige Arbeiten in den Fokus rücken, bei denen dennoch genaueres Hinsehen lohnt. Da Lempertz bereits am 1. Juno den Auktionsreigen eröffnet hat, sind für Köln bereits 28 starke aquarellierte Kaltnadelradierungen von Günter Förg im Format 38 x 46 cm in einer kleinen 16er Auflage hervorzuheben, die unverständlicherweise nicht gelaufen sind. Hier lohnt in jedem Fall das Untergebot auf den Schätzpreis von 15 – 20 TEUR in den Nachverkauf hinein.

Baselitz mit 17 wunderbaren Farbkreide-Zeichnungen für SP 60-80 TEUR bei Grisebach
Baselitz mit 17 wunderbaren Farbkreide-Zeichnungen für SP 60-80 TEUR bei Grisebach

Ein deutlicher qualitativer Höhepunkt ist dann eine Suite von 17 wunderbaren Baselitz Farbkreide-Zeichnungen auf Velin, die in der Berliner Villa Grisebach für einen SP von 60 – 80 TEUR aufgerufen werden.

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Art Cologne 2015. Die Top’s und Flop’s der Messe

Winfred Gaul ‚Kleines Galgenbild‘ von 1963 (!) im Format 120 x 100 x 5 cm für 18' Euro bei Galerie Schlichtenmaier
Winfred Gaul ‚Kleines Galgenbild‘ von 1963 (!) im Format 120 x 100 x 5 cm für 18′ Euro bei Galerie Schlichtenmaier

400 Aussteller wollten diesen Marktplatz nutzen und 209 wurden auserwählt. Ob es tatsächlich die Besten waren sei dahin gestellt. Bei dem einen oder anderen Programm käme dann zumindest die Frage auf, wie denn das Portfolio jener 191 anderen ausgesehen hätte, die hier nicht zum Zuge kamen. Aber jede Kunstmesse hat auch eine politische Seite. Viele Gute waren dennoch dabei und auch die großen Namen wie Rudolf Zwirner, Sprüht Magers,Karsten Greve oder Johann König haben natürlich nicht gefehlt.

Simon Schubert präsentiert neben einer Soloshow bei van der Grinten neue Skulpturen, Graphitarbeiten und Faltugen in einer beeindruckenden Kabinett-Installation bei Thomas Modern (Halle 11.1)
Simon Schubert präsentiert neben einer Soloshow bei van der Grinten neue Skulpturen, Graphitarbeiten und Faltugen in einer beeindruckenden Kabinett-Installation bei Thomas Modern (Halle 11.1)

Die Ausdehnung auf drei Etagen war für Besucher und Aussteller eine Wohltat. Selbst am Preview-Abend konnte man durchgängig auf den eigenen Füßen stehen und die Gliederung in Moderne und westdeutsche Nachkriegskunst, New Contemporary sowie aktuelle Tendenzen bildete eine hilfreiche Struktur und erleichterte den Kunstgenuss.

Die Hamburger Produzenten zeigten eine überzeugende lebensgroße Skulptur von Jonas Burgert in Bronze übermalt. 6/6 für 65.500 EUR
Die Hamburger Produzenten zeigten eine überzeugende lebensgroße Skulptur von Jonas Burgert in Bronze übermalt. 6/6 für 65.500 EUR

Bei den Best-Sellern gab es dann auch wenig Überraschungen. Unter den arrivierten Vertretern waren es Knoebel, Piene, Graubner, Beuys, Götz, Mack und bei den jüngeren Positionen Andy Hope, Jorinde Voigt, Rinus van de Felde, Michael Sailstorfer oder Tjorg Douglas Beer. Wenig überraschend war ein Qualitätsabfall der Erstgenannten bei den Exponaten im Vergleich zu früheren Jahren festzustellen. Wer dennoch eine künstlerisch hochwertige Arbeit anzubieten hatte, verkaufte diese noch vor dem offiziellen Messestart und dann am liebsten aus dem Hinterzimmer heraus. Diese Separées die auf der parallel laufenden Hannover Industrie-Messe als Teeküchen dienen, wecken Begehrlichkeiten bei Sammlern und schüren die Goldgräber-Stimmung in den frühen Messestunden. Wichtig: Sie müssen betont unordentlich daher kommen. Hier herrscht ein wildes Bildergewusel, in dem Leinwände und Rahmen lediglich zu Lagerzwecken an rein zufällig vorhandenen Nägeln gehängt werden und in den ohnehin winzigen Raum dicht gestellte Horizontal-Stapel von Kunstwerken ein rasches Durchblättern verlangen. Wer Einlass findet, ist mit dem Galeristen auf Du und darf sich neidischer Blicke der übrigen Jagdgesellschaft beim Verlassen des Kämmerchens sicher sein. Vielleicht hat er dabei sogar eine kleine marktfrische und farbintensive Knobel Collage oder eine Mack Leinwand erbeutet und kann dem weiteren Messegeschehen somit gelassen entgegen sehen.

Kleine frische Knoebel Collage Bilder 'Face' in Acryl auf Kunststofffolie bei Galerie Lethert für 1800 EUR je Variante (30 Stück), Format ca. 6x6 cm
Kleine frische Knoebel Collage Bilder ‚Face‘ in Acryl auf Kunststofffolie bei Galerie Lethert für 1800 EUR je Variante (30 Stück), Format ca. 6×6 cm
Wunderbare mittelformatige aktuelle Mack-Arbeit bei Galerie Löhr für preiswerte 35' EUR sofort verkauft
Wunderbare mittelformatige aktuelle Mack-Arbeit bei Galerie Löhr für preiswerte 35′ EUR sofort verkauft

Ein qualitatives Come-Back hat nach zuletzt in den frühen 2010 Jahren doch wenigstens extrem schwierigen Arbeiten augenscheinlich Jonathan Meese. In seinen 2014/2015er findet er in neuen Farbwelten zu großer Dichte zurück.

Die wenigen Galerien, die wie Verleger und Beuys Wegbegleiter Staeck über gefühlt unerschöpfliche Nachschub-Magazine verfügen, lohnt hingegen der regelmäßige Standbesuch, denn auch am zweiten und dritten Messetag wird noch nachgehängt und die zahlreichen verkauften Arbeiten durch marktfrische Raritäten ersetzt. Bei den spürbar angezogenen Preisen insbesondere für Zeichnungen des Rheinländers, die bei Klüser und Konzett sechsstellig angesetzt wurden, eine wahre Fundgrube für Sammler erschwinglicherer Leckerbissen und eingefleischte Beuys-Fans. Erwartungsgemäß bieten Staecks aber auch Kneffel, Polke und aus aktuellem Anlass Grass an und die geschäftige Hektik an dem Stand lässt vermuten, dass alle ahnen, dass auch diese Quelle tatsächlich endlich ist. Wie üblich findet man die Kunst vom noch amtierenden Präsidenten der Akademie der Künste in Berlin nur in homöopathischen Mengen im Angebot. Eine gute Gelegenheit auch hierüber, vor allem aber über das verlegerische Werk des Heidelbergers einen Überblick zu erhalten, bietet die noch in seinem Hause in Berlin bis 07. Juni laufende Multiple-Ausstellung ‚Kunst für Alle‘.

Galerie Konzett bietet diese Materialcollage 'Fettschwanz' von Joseph Beuys aus 1982 für 120.000 EUR an
Galerie Konzett bietet diese Materialcollage ‚Fettschwanz‘ von Joseph Beuys aus 1982 für 120.000 EUR an
Kleines Rauchbild von Otto Piene 30x40 cm von 1962 für 245.000 EUR. Museal!
Kleines Rauchbild von Otto Piene 30×40 cm von 1962 für 245.000 EUR. Museal!

Auffallend war, zudem wer auf der Messe fehlte. Neben wenigen eher unspektakulären späten Zeichnungen von Franz Erhard Walther war nur bei Thomas eine größere Nähung zu sehen. Karl Georg Pfahler wurde ebenfalls kaum angeboten und auch von Hanne Darboven zeigte lediglich Klosterfelde zwei Arbeiten, von denen eine dafür allerdings als absolut herausragend und museal einzustufen ist. Fast kann man sich hier dem Eindruck nicht erwehren, dass die noch immer moderaten Preise der drei genannten kunsthistorisch höchst bedeutsamen Vertreter Galeristen auf den nächsten Preissprung warten lassen. Bei der Minimal- und Konzept-Künstlerin aus der berühmten Hamburger Kaffee-Dynastie steht dieser sicherlich direkt bevor, denn eine Trilogie von großen Ausstellungen zieht dies geradezu zwangsläufig nach sich. Bei Walther zeichnet er sich flankiert von einer Vielzahl großer internationaler Shows schon seit mindestens zwei Jahren ab und lediglich Pfahler darf hier immernoch als Geheim-Tipp gewertet werden. Seine geometrischen Abstraktionen im quadratischen Mittelformat lassen sich auf Auktionen immer noch gelegentlich für um 15 tausend Euro erwerben. Apropos Wertschätzung: Das Musée d’art Moderne de la Ville de Paris zeigt noch bis Mitte Juli nach der Bundeskunsthalle in Bonn vor sechs Jahren die bisher größte Lüpertz Retrospektive. Der Effekt: Lüpertz wird in Köln nicht nur gezeigt sondern auch gekauft. Ebenso ergeht es dem Krefelder Herbert Zangs., dessen Gratfaltungen, Knüpfenden und Plus-Minus Arbeiten aus den 50er bis 70er Jahren zwischen 10 bis 75 tausend Euro nicht nur sehr hoch bewertet wurden sondern ebenfalls den Besitzer wechselten. Hier lauten die Stichwörter übrigens Provenienz und Expertise.

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Die deutsche Pop-Art lässt diesen Aufwind des Marktes allerdings scheinbar weiterhin ungerührt. Völlig unverständlicherweise blieb das zentrale und extrem starke Galgenbild von Winfred Gaul vorerst unverkauft.

Bemerkenswert waren im Bereich der Halle 11.1 die Galerien Thomas aus München und Levy von der Elbe. Beide räumten in würdigem Umfeld neben hoch qualitativen Klassikern jungen Positionen großzügige Kabinette ein. Profitieren konnten davon Simon Schubert, Martin Spengler und Marc Lüders. Lüders zeigte bei Levy sowohl eine beeindruckende Serie seiner großformatigen Photopicturen aus den Reihen der Supermarkt- und Jahrmarktbilder mit nahezu lebensgroßen figurativen Ergänzungen als auch sein Markenzeichen der schwebenden und Schatten werfenden amorphen Objekte. Martin Spengler erhöht bei seinen filigranen Wellpapp-Reliefs den Druck deutlich. Seine großformatige Arbeit mit dem Sujet einer Gotischen Kathedrale setzte er im Entstehungsprozeß einem Gewicht von circa 4 Tonnen aus und stellte der handwerklichen Präzision mithilfe einer inszenierten Sollbruchstelle spielerisch den kontrolliert unkontrollierten Zufall entgegen. Überraschenderweise war diese Arbeit am ersten Messetag noch nicht mit einem roten Punkt versehen. Simon Schubert inszenierte gleich einen ganzen Raum mit seinen Papierfaltungen und jüngeren Graphitarbeiten und wurde damit zum Anziehungspunkt von Besuchergruppen und Medienvertretern gleichermaßen. Eyecatcher in dieser raumgreifenden Installation war seine bisher größte und besonders ausdrucksstarke zentrale Beckett-Faltung. Dem Kölner gelang hiermit der wirkungsvollste denkbare Kunstgriff zur Bewerbung seiner parallelen absolut sehenswerten Soloshow in der Van der Grinten Galerie nahe dem unweit gelegenen Neumarkt. Herausstechend in beiden Präsentationen ist der neue Werkkomplex seiner Licht-Inszenierungen bei denen es dem Künstler gelingt, seiner einzigartigen Technik abermals eine neue Dimension hinzuzufügen.

Marc Lüders' großformatige Photopicturen liegen  bei Levy zwischen 8 und 14' EUR
Marc Lüders‘ großformatige Photopicturen liegen bei Levy zwischen 8 und 14′ EUR

Aber auch Galerie Ludorff ergänzt das klassische Programm an exponierter Stelle mit aktuellen Positionen. Nachdem sie dem scheinbar unermüdlich schaffendem zeitgenössischem-Neo-Impressionisten Christopher Lehmpfuhl bereits seit geraumer Zeit ein starker Galeriepartner sind, bereichert seit letztem Jahr der Berliner Maler mit Urban-Art Wurzeln Christian Awe das Programm. Auch wenn die Bildwelten der beiden verschiedener nicht sein könnten, eint sie jedoch Stringenz und positives Sendungsbewußtsein bei der Vermittlung ihres Malauftrags von Anbeginn. Eine Kompromisslosigkeit, die augenscheinlich von Erfolg gekrönt ist, denn auch bei Ludorff werden Großformate in Blisterfolie gepackt, obgleich das Messeende noch fern ist.

Insgesamt ein erfrischendes und überzeugendes Programm bietet Sabine Schmidt von PSM Berlin. Ihr sauber kuratierter Stand zeigt skulpturale Arbeiten von Awst & Walther und der Rumänin Munteanu Rimnic. Eindruck macht hier aber besonders die poetisch anmutende und kunstmarkt philosophische Arbeit The Fog von Paolo Chiasera. Ein mittelformatiges querformatiges Himmels-Gemälde bildet eine Einheit mit einem Paraffin-Block, der bei jeder Ausstellung der Arbeit das Material bietet, um die Leinwand mit einer weiteren Schicht des Wachses -gleich einem aufsteigendem Nebel- zu überziehen. Der Preis für dieses Werk liegt bei 7 tausend Euro.

Der Parafinblock in dieser Arbeit The Fog von Paolo Chiasera überträgt die Auflage nach jeder Ausstellung des Werkes einen zusätzliche Wachsschicht auf das Werk aufzutragen. Fügt sich wunderbar in das starke Galerieprogramm von PSM. Preis 7' EUR
Der Parafinblock in dieser Arbeit The Fog von Paolo Chiasera überträgt die Auflage nach jeder Ausstellung des Werkes einen zusätzliche Wachsschicht auf das Werk aufzutragen. Fügt sich wunderbar in das starke Galerieprogramm von PSM. Preis 7′ EUR

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Christie’s Amsterdam: Quantität vor Qualität.

Polke als Augenschmeichler. Diese Arbeit hat beste Voraussetzungen die obere Taxe deutlich zu überschreiten.
Polke als Augenschmeichler. Diese Arbeit hat beste Voraussetzungen die obere Taxe (Schätzpreis 35-55 TEUR) deutlich zu überschreiten.

Die exquisite Aufmachung des Post-War and Contemporary ART Katalogs für die Auktion am 14. April in Amsterdam täuscht. ‚Es ist nicht alles Gold was glänzt‘ ist man bei diesem Überangebot an Piene und Mack ZERO-Glitter geneigt zu zitieren, oder wo wir schon dabei sind passte vielleicht sogar noch besser: ‚Als Tiger losgesprungen und als Bettvorleger gelandet.‘ Denn gleich wie zum Auftakt des Kunstmarkt-Telefonbuchs mit musealen und sehr leckeren (und gar nicht günstigen) Piene Rasterbildern (120-180, zweimal von 1959), einer Mack Lichtstele von 1964 (ohne SP Angabe?!), Leblanc Twistet Strings (25-35’EUR/ 1958-1959), Graubner Riesen-Kissen (210 x 135 cm für 60-80’EUR) und einem 150×150 cm messenden Uecker Vorzeige Nagelrelief (400-600’EUR) gesprungen wird, landet man 300 Seiten später irgendwo zwischen Atelier-Notizen und Kunsthandwerk.

Als Bezugsquelle für Weihnachtsmarkt-Beschicker mit feinster Kreativschweiß-Technik á la VHS-Fortgeschrittenen-Kurs im Portfolio scheinen aber sowohl Einstiegs-Preis als auch Jahreszeit ungeeignet. Ansonsten wären die Fabelwesen mit Tütü von Reinhold D’Haese (Who?) in diesem Kontext sicherlich der Renner! Ebenso nur ganz knapp an der Kategorie Interieur-Design schrammt die dafür ohnehin im Verdacht stehende Marie-Jo Lafontaine mit ihrer philosophisch besonders wertvollen Arbeit ‚Jeder Engel ist schrecklich‘ vorbei. Die Losnummer 231 ist eine Arbeit von Otto Piene mit dem Titel ‚Der Regenbogen hat gebrannt‘. Besser wäre gewesen, der Meister, der das heiße Element bewiesenermaßen beherrscht hätte diese Leinwand gänzlich dem Feuer überantwortet. Gleiches Niveau gibt es dann nur vier Lots später bei Günther Förg. Dem Schätzpreis von 4-6 tausend Euro merkt man bereits an, dass es den Christie’s Experten förmlich peinlich ist, dieses ‚Ding‘ hier aufzurufen. Und es wird nicht besser …. Schließlich muss auch Mack noch einmal unter Beweis stellen dürfen, dass auch er im Jahr 1994 mindestens einen ganz schwache Momente hatte. Bei der ‚Pyramide mit Licht‘ wünscht der geneigte Betrachter doch lieber einen Stromausfall herbei, um das Leid nicht ertragen zu müssen. Im Reigen der leider-völlig-daneben-Lose darf natürlich Deko-Kitsch-Großmeister Arman mit zwei Violinen (Überraschung!) nicht fehlen. Schon fast ein Highlight in dieser Traurigkeit ist da ein Lüpertz im Großformat, dem man wohlwollend wenigstens eine einigermaßen passable rechte Leinwandhälfte zusprechen kann. Zum Glück, denn nach dem Rainer Fetting eine Seite davor brauchen die Augen auch Erholung. Bei der Arbeit ‚Ed Mubutu II‘ fragt man sich einmal mehr, warum seine mehrheitlichen totalen Fehlgriffe dann auch noch so übertrieben groß sein müssen. Wer Lust hat mit mir auf eine Wette einzusteigen, dass diese Arbeit -völlig zu recht- durchfällt, weil sich kein Bieter mit gelber Armbinde und drei schwarzen Punkten (ZERO) darauf findet, sei mir willkommen und darf den Wetteinsatz definieren! By the way: Wo ist hier eigentlich Elvira Bach? Da muss man doch wirklich Joseph Beuys danken. Der frisch gekürte Kunstkompass-Titan im Olymp der Unsterblichen bietet dem strapazierten Sammler exakt in der Katalogmitte ganze 10 Seiten Verschnaufpause. ‚Bruno Cora-Tee‘ (15-20’EUR), ‚Pala‘, der Spaten aus 7000 Eichen (10-15’EUR) oder ‚Objekte zum Schmieren und Drehen‘ (8-12’EUR) zählen zu den Highlights im Reigen der 557 Multiples des Superstars und sind hier marktgerecht bewertet. Also ein faires Angebot für Beuys-Fans. Ebenso zum aufatmen geeignet ist eine wirklich augenschmeichlerische Arbeit von Sigmar Polke aus 1992.

Am Ende stellen sich dann eigentlich nur noch zwei Fragen: 1. Warum stammt gefühlt in dieser Auktion eigentlich jedes zweite Los von Karel Appel und 2. wäre es im Sinne der Homogenität und vor allem des Anspruchs des Hauses Christie’s nicht eine tolle Idee gewesen die hintere Hälfte des Kataloges wegzulassen oder wenn die Niederländer diesen Umsatz zwingend nötig haben zumindest einen ‚third floor‘ Katalog hierfür aufzusetzen, damit es nicht ganz so auffällt. „Christie’s Amsterdam: Quantität vor Qualität.“ weiterlesen