Galerierundgang Admiralitätsstraße Hamburg

Galeristin Melike Bilir bei Ihrer Einführung der vor Ihrem Werk stehenden ukrainischen Textilkünstlerin Nino Kvrivishvili.
Tatort-Still oder Vernissage? Galeristin Melike Bilir bei ihrer Einführung der vor ihrem Werk stehenden Textilkünstlerin aus Georgien, Nino Kvrivishvili.

In Hamburg ist es wieder so weit. Die neue Galerien-Saison ist gestartet und die Hamburger nutzten die Gelegenheit sich im heimischen Revier auf das anspruchsvolle ABC-Hauptstadt-Programm in der kommenden Woche einzustimmen.  Galeristin Melike Bilir zeigt Arbeiten der aus Georgien stammenden Textilkünstlerin Nino Kvrivishvili, die die Galerieräume für eine raumgreifende Installation nutzt. In ihrem Werk verknüpfen sich die Insignien kommunistischer Massenproduktion mit jahrhundertealter traditioneller Textilkunst. In den etablierten Galerien Sfeir-Semler, Holger Priess, Jürgen Becker oder den Produzenten gab es am Vorabend zur offiziellen Eröffnung am gestrigen Donnerstag noch die Gelegenheit in etwas entspannterer Kulisse und mit freiem Blick auf die Werke in den direkten Dialog mit den Künstlern zu treten.

Timo Nasseri in seiner Ausstellung 'The more beneath my feet the skies I see'
Timo Nasseri in seiner Ausstellung ‚The more beneath my feet the skies I see‘ in der Galerie Sfeir-Semler
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Endre Tót, Inside Rain 1971-79, Zeitung, maschinenbeschrieben, 10,5 x 17,5 cm, 6,5 EUR

Sogar Mathias Güntner hatte es geschafft den international renommierten, regimekritschen ungarischen Künstler Endre Tót für das persönliche Gespräch vor seinen Werken zu gewinnen. Vielmehr noch ist es ihm gelungen, den Hamburger Kunstfreunden eine überragende Ausstellung des 1937 geborenen Wahlkölners zu präsentieren. Nach einer Null-Demo-Performance durch die Hamburger Innenstadt, die in ähnlicher Form bereits am Rande der Art Cologne für Aufsehen gesorgt hatte, wurden die Aktionsrelikte einer ‚Feuerstätte II‘ gleich zu Protagonisten seines neuesten Werkes. Zudem sind u.a. ein spannender Block von Schreibmaschinen-Arbeiten (um 6,5 TEUR) aus den End-70ern, wichtige Performance-Fotoarbeiten aus dem kommunistischen Ungarn der frühen 70er, zwei großartige Collagen von 1967 sowie die den großen Galerieraum beherrschende Arbeit ‚I’m ashamed I could not make a nicer one‘ (roter Stern, 12 TEUR) zu sehen. Letztere zeigt die gewaltige Kraft die Tóts Kunst einem allgegenwärtigen  totalitärem Regime entgegen halten konnte, ohne sich selber zu diskreditieren. Das Zentral-Symbol der roten Armee, die 1956 den Ungarn-Aufstand gegen die Bevölkerung blutig nieder rang, wurde von ihm so gut dargestellt, wie er es eben als Künstler nur konnte. Dass in diesem Stern alle Verachtung seines Schöpfers gegen dieses Symbol enthalten ist, ist zwar unübersehbar, aber doch nicht juristisch herleitbar.

Endre Tot, 'I'm ashamed I could not make a nicer one', 1973/79, 12 x 12 cm - 12 TEUR
Endre Tot, ‚I’m ashamed I could not make a nicer one‘, 1973/79, 12 x 12 cm – 12 TEUR

Holger Pries hält natürlich an seinen malerischen Positionen fest und zeigt eine Gruppenausstellung von Nina Kluth und Peter Rösel sowie dem jungen Roman Kochanski, der mit seinen pastosen und nicht völlig humorfreien Ölformaten angenehm erfrischend daher kommt. Bei den Produzenten sind neue Bilder von Michael Conrads zu sehen und Jürgen Becker zeigt die Tansania Bilder von Klaus Hartmann unter dem lyrisch anmutenden Titel ‚Jua Boka and The Source of Shades‘.

Jürgen Becker vor den Tansania Bildern von Klaus Hartmann
Jürgen Becker vor den Tansania Bildern von Klaus Hartmann
Klaus Hartmann 'Jua Toka' Acryl, Ölfarbe und Perlen auf Leinwand, 90 x 80 cm - 7 TEUR
Klaus Hartmann ‚Jua Toka‘ Acryl, Ölfarbe und Perlen auf Leinwand, 90 x 80 cm – 7 TEUR in der Galerie Jürgen Becker
Roman Kochanski, Acryl auf Holz 50 x 100 cm - 2800 EUR
Roman Kochanski, Acryl auf Holz 50 x 100 cm – 2800 EUR, bei Holger Pries
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Michael Conrads vor seinen Arbeiten Today you are Gong make it und Rosy fingered Dawn. Jeweils Sprühfarbe und Arcryl auf Glass. Format 100 x 80 cm

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