Ein Frühwerk, dass seinen Namen auch verdient ist bei Joseph Beuys einer Notiz wert. Dieses wirklich bestechende Aquarell, das der Schamane ein Jahr nach Kriegsende wahrscheinlich direkt zum Start seines Studiums an der Düsseldorfer Akademie bei Joseph Enseling (zu Matare kam er erst später) schaffte, zeigt noch deutlich die Verbindung akademischer Kompositionsaspekte wie der Linientrennung (Baum und Hütte), des Goldenen Schnitts, typischer Farbkomposition (Zeitgeist), Perspektive/Fluchtpunkt etc. in Verbindung mit höchstem gestalterischem Talent und einer bestechenden Gesamtposition. Beide Komponenten lassen diese Arbeit nicht nur kunsthistorisch sondern auch künstlerisch als absolut herausragend dastehen.
Bemerkenswert ist zudem, dass der Betrachter bereits fast geneigt sein dürfte, in den flächig angeordneten Farbfeldern einen frühen Vorgriff auf spätere (sehr selten, aber durchaus auch im Beuysschen Oevre- vorhandenen) Abstraktionen des Informell vermuten zu können. Als besonderes Schmankerl fügt sich eine Expertise des Meisters hinzu, in der er das Werk noch mit ein paar charmanten persönlichen Erinnerungshäppchen bspw. zu seiner Keilsignatur der frühen Vierziger Jahre garniert. (Sie entstand in Referenz auf seine Bildhauerklasse im Stil einer klassischen Bildhauermarke und der Bauhüttentradition). Diese allein weckt bei Beuys Sammlern maximale Begehrlichkeiten.
Von Beuys sind aus dem Jahr 1946 lediglich ein paar Hand voll Arbeiten erhalten. Nahezu vollständig sind sie jedoch im musealen Kontext (bspw. Schloß Moyland/ van der Grinten) oder in den großen Blöcken der Sammlungen Klüser und Bastian absorbiert. Letztere dürften hier dann auch als potentielle Gegenbieter ins Feld ziehen. Insofern bedürfte es sicherlich eines gewissen Durchhaltewillens. Eine Restchance für einen Zuschlag unter Marktwert besteht dennoch, da das Auktionshaus Nagel in Stuttgart hierfür natürlich alles andere als die erste Adresse ist und das Werk damit deutlich weniger im Fokus steht als an anderen denkbaren Versteigerungsorten, sei es New York, London oder auch dem Rheinland. Die Taxe von 30 TEUR ist nicht anders als eine völlige Fehleinschätzung zu bezeichnen. Selbst bei einer soliden Dopplung der Selbigen plus zwei bis drei psychologische Bietschritte wäre es für diese absolut museale Arbeit noch immer ein außerordentlich günstiger Schuß. Realistischerweise dürfte dieses Werk nicht fünfstellig bleiben.