Ein Weltstar im Abseits: Georg Baselitz

Dieser Hinterglasvogel II von 1997 im Format 130 x 97 cm wurde im Mai 2014 bei Grisebach in Berlin für 140 TEUR zugeschlagen.
Dieser Hinterglasvogel II von 1997 im Format 130 x 97 cm wurde im Mai 2014 bei Grisebach in Berlin für 140 TEUR zugeschlagen.

Ist Georg Baselitz das Synonym für den Sieg garstiger Feuilletonisten über den Kunstmarkt? Bestenfalls ein Etappensieg. Deshalb lohnt der Blick auf die Kursentwicklung dieses Großmeisters der deutschen Malerei.

Während Baselitz‘ Werk mit großer Kontinuität im In- und Ausland mit viel beachteten Ausstellungen gewürdigt wird und er über ein Jahrzehnt als Garant für Beständigkeit im Kunstkompass in der Spitze der TopTen der Welt über alle Kunstgattungen rangiert, wird insbesondere sein vielfach geschmähtes Spätwerk zu Spottpreisen im Markt verramscht. Wie kann das sein?
Verständlich wäre diese Beobachtung vielleicht noch, wenn es sich in seinem Werk um ein wenig massen- und marktkompatibles Genre wie Video-, Medien- oder Installationskunst von Pipilotti Rist (Platz 10), Francis Alÿs (Platz 24) oder Ilya Karbakov (Platz 36) handelte. Aber bei klassischer Malerei? Bei einem Künstler, der seit über einem halben Jahrhundert die zeitgenössische Kunst maßgeblich mit geprägt hat?

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Es besteht kein Zweifel daran, dass Baselitz bereits seit der Großen Nacht im Eimer nicht mehr aus der Kunstgeschichte getilgt werden kann. Es folgten viele spektakuläre Werkzyklen, wie die Helden– und Frakturbilder der Sechziger, ab 1969 seine Motivumkehr, die Siebziger Jahre mit den Adlern und zu Beginn der 80er war er mit dem Modell für eine Skulptur Impulsgeber für zahlreiche Künstlerkollegen, sich ebenfalls mit der Bildhauerei auseinander zu setzen. Aus den Neunzigern sind seine Köpfe und Orangenesser nicht wegzudenken und nach der Jahrtausendwende folgen Historienzyklen, wie die Russenbilder und schließlich die Remix-Serie. Den letzteren Werken werden auch die eingefleischtesten Kritiker nicht vorwerfen können, dass diese für die Baselitz’sche Bildwelt nicht in einer offensichtlichen Leichtigkeit daher kommen, einen völlig neuen Blick auf große Freunde, Dichter oder Helden werfen, diese frisch komponieren und in ihren vergleichsweise pastosen Farbwelten schlicht unvergleichbar zum Frühwerk sind. Wie also könnten sie ihrer Berechtigung entbehren, und was an dieser völlig neuen Perspektive bietet den Nährboden, hierin eine Ermangelung an neuen Ideen zu vermuten? Und selbst wenn dies so wäre, reichten doch die vorgenannten Verdienste für die Malerei noch für ein zweites Künstlerleben. Woran also liegt es, dass eine Leinwandarbeit musealen Formats, wie sein Ralkopf von 1987, ein Hinterglasvogel II (Remix) aus 1997, Sieben mal Paula von 1988 oder auch Bubenschneiden IV aus 2011 sämtlich unter 150’, teils sogar unter 100’ EUR zugeschlagen werden? Bildschirmfoto 2016-03-14 um 11.24.08
Zum Vergleich: Die Londoner Galerie Dickinson bietet dieser Tage auf der Tefaf in Maastricht die nicht besonders herausragende abstrakte Arbeit Ben von Gerhard Richter im Format 95 x 100 cm für 4.150.000 EUR + Steuern an. Alle zuvor genannten Baselitz Arbeiten sind deutlich größer. Auch wenn die Auktionsergebnisse teils geraume Zeit zurück liegen, zeigen diese einen Trend auf, der bis heute anhält. Die sprunghaften Anstiege des Preisniveaus für Künstler wie Goetz, Piene, Richter, Mack, Knoebel oder Förg haben die Bewertung von Baselitz vollständig unberührt gelassen. Das heißt, für den Betrag, den man für Richters Ben aufwenden müsste, könnte ein weitsichtiger Sammler heute ebensogut in einen Werkblock von 10 bis 15 Baselitz investieren. Die folgerichtige Frage, woran dies liegt, ist einfach zu beantworten und lautet nicht allein: Richter ist überbewertet. Sie liegt vielmehr mindestens in der Mitte und kann somit zu einem großen Teil nur ebenfalls auch lauten: Georg Baselitz ist massiv unterbewertet und ein Investment in eine marktfrische, großformatige jüngere Arbeit in der Preisregion um eine viertel Million Euro verspricht ein exzellentes Invest zu sein. Selbst wenn der Markt für Zeitgenossen einen Dämpfer erhalten sollte, würde die Bereinigung, wie die 2009er Krise zeigte, hier deutlich geringer ausfallen, das Ausgangs-Niveau schneller wieder erreicht werden und die langfristigen Rendite-Aussichten positiv sein. Bliebe dieser vorerst aus, wären sie sogar prächtig und auch das Kulturgutschutzgesetz täte dem keinen Abbruch, da es hier nicht griffe.
Aber noch etwas ganz Entscheidendes spräche für eine solche Entscheidung: Die Chance auf den Erwerb eines im Wortsinne preiswerten Meisterwerks unserer Zeit!Bildschirmfoto 2016-03-14 um 11.24.44

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